Ochsenfurt. Hexereifälle in den Protokollen des Domkapitels Würzburg II

Fränkischer Rechen, Helm, Helmdecke, Büffelhörner: Wappen des Domkapitels als Supralibros auf dem Protokollband des Würzburger Domkapitels aus dem Jahr 1627, StAW

Der Tumult, bei dem die Ochsenfurter nach einem Nachtfrost im April die Bestrafung der Hexen forderten, ist auch in einem Amtsbuch der Stadt Ochsenfurt dokumentiert. Die Stadt hielt hier ihre Korrespondenz mit dem Domkapitel fest. Unter dem 17. April 1627 ist eingetragen: Nachts hatte es Frost gegeben und man fürchtete Schäden an den Weinstöcken. Am Morgen hatten sich „vil burger uff der prückhen und uff der gassen zusammen rotirt, die noth einander geclagt“, dann gingen sie in die Kellerei, wo der Zentgraf sie befragte, „und sie darauff uff eine und die andere persohn, so sie der hexerey wegen im verdacht, ihre aussag … gethan haben sollen.“ Ochsenfurt war „voller geschrey

und allerhand nachreden“ (Stadtarchiv Ochsenfurt, Missivenbuch VII 136, fol. 293v–294r). Die Stadt wollte wissen, wie sie sich verhalten sollte, und noch am Tag des Tumults wurden Pforten- und Obleischreiber vom Domkapitel geschickt, mit deren Bericht der letzte Blogpost schloss.

Am 4. Mai erscheinen die Ochsenfurter Hexen wieder im Protokoll:

Im Domkapitelsprotokoll folgt an dieser Stelle die Klage von Philipp Rösler gegen seinen Stiefbruder Valentin, der ihn der Hexerei beschuldigte (und wohl scharf aufs Erbe war).

Wie im Protokoll vom 4. Mai festgehalten, waren die im April zunächst Verhafteten (die Frau des Bäckers Leonhard Röhm und ihre zwei Kinder sowie die aus dem letzten Blogpost bekannte „Prösamerin“, die Kellerin von Stift Haug, die auch als Hexen-Lehrerin der beiden Kinder galt) wieder frei gelassen worden, nachdem sie trotz Folter nichts gestanden hatten. Aber im Mai gab es nun eine neue Wendung: Hans Götz, Lehrling bei Schuster Kilian Schmidt, beschuldigte sich selbst der Hexerei. Er gestand insbesondere Hexenflüge und Wettermachen und bezeichnete das „Butzen-Madel“ als seine Lehrerin. Der Stadtschreiber von Ochsenfurt schickte die Aussagen nach Würzburg. Sie stehen im Protokoll vom 8. Mai:

Die „Butzen-Madel“ genannte Frau starb, wie hier geschildert, an den Folgen der Folter. Der ohnmächtige Körper der gefolterten Frau wurde, man mag es sich kaum vorstellen, in die Ochsenfurter Ratsstube gebracht. Ihr Schlaf wie ihr Tod wurden als unerklärlich empfunden, dafür sollte ein böser Geist verantwortlich sein, den man dann auf Geheiß des Würzburger Kanzlers auszutreiben versuchte. Wie genau dies aussah, wird nicht deutlich, aber wir haben es wohl mit einem Exorzismus zu tun, was ansonsten in den Würzburger Hexereiverfahren kaum vorkommt (erstaunlicherweise, denn eigentlich ist der Teufel hier ja immer dabei).

Majuskel-A im Index des Domkapitelprotokolls von 1627. Auf A folgen im Index – gut fränkisch – die beiden großen Ununterscheidbaren B und P mit Einträgen wie burgermeister und praedicant.

Nach den Aussagen des jungen Götz kam es wieder zu Inhaftierungen. Die Bäckerin Röhm wurde zusammen mit ihren Kindern inhaftiert, außerdem war die Bäckerin Catharina Michel in Haft. Dass das Domkapitel vom Kanzler wissen wollte, wie es weiter verfahren sollte, hatte gewiss auch mit der Eskalation in der Stadt Würzburg zu tun: Am 15. Mai begann hier eine Serie von 42 Bränden, die bis ins Jahr 1629 dauerten und die schlimmste Würzburger Prozesswelle bildeten. Die Lage Mitte Mai war extrem angespannt.

In dieser Prozesswelle gab es nun auch Mandate von Fürstbischof Ehrenberg, in denen er zur Hexenverfolgung aufrief. Dass ein solches Mandat im Mai 1627 konzipiert wurde, wissen wir wiederum aus den Protokollen des Domkapitels. Dort erschien am 27. Mai der Kanzler persönlich, um den Domherren den Entwurf eines solchen Mandates vorzustellen:

Ort des Geschehens dürfte das an den Domkreuzgang anschließende Kapitelhaus am Paradeplatz gewesen sein, heute Sitz der Dommusik.

Auf den hier transkribierten Auszug folgt im Protokoll der Text des Mandats. Mehr dazu im nächsten Blog.

Publiziert am 18. März 2024.

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