Der Volkacher Drache

(Beitragsbild: Lambert von St. Omer, Liber Floridus (12. Jh). HAB Wolfenbüttel, Cod. Guelf. 1 Gud. Lat. fol. 15v)

Nun fehlt noch der versprochene Drache über Volkach. Von ihm ist die Rede in einem Schreiben der Stadt Volkach nach Würzburg, in dem es auch um Anna Müller geht (siehe die vorherigen Posts: Anna Müller saß 1596 als Hexe in Würzburg in Haft).
Der Stadtschultheiß Barthel Schaup hatte nämlich, heißt es einleitend, Julius Echter über den Drachen berichtet, und dieser daraufhin an die Stadt geschrieben: Er wollte mehr Informationen und vor allem Zeugenaussagen. (Nebenbei erfahren wir, dass Anna Müller und ihr Mann nur als Pächter –

bestandsweis – auf der Mühle saßen, deren Eigentümer der Stadtschultheiß war.) In dem Schreiben berichtet die Stadt Volkach von verschiedenen Untersuchungen, die sie durchgeführt hat. Es geht nicht nur um Frau Müller.

Hier Quelle und Transkription im Ganzen:

… uff unnsers hernn schultheissen hiezuvor gethanen berichts, daß ein feuricher drach, allß die Müllerin unnd ihr mann … (StAW, Hist. Saal 374)

Die Kommune hatte daraufhin den Stadtschultheiß befragt, und dieser hatte Wolf Prauser und seine Frau aus Obervolkach als Augenzeugen benannt: Die beiden hatten im Jahr zuvor, als sie an Martini auf der Kerb in Volkach waren, abends auf dem Rückweg nach Obervolkach den Drachen gesehen. Feurig war er gewesen, durch die Luft war er geflogen und feurig war er in den Schlot der Mühle gefahren, sodass die beiden überzeugt waren, die Mühle müsse abbrennen. Für weitere Informationen hatte das Obervolkacher Gericht die Prausers vernehmen lassen. Die Aussagen waren protokolliert worden und wurden beigelegt („hiebeyligent“ heißt es im Text). Dieses Schreiben ist – jammerschade! – bislang nicht aufgetaucht und so weiß man nicht, was Julius Echter und seine Regierung noch so über den Volkacher Drachen lesen konnten.
In den erhaltenen Unterlagen zum Hexenprozess gegen die Volkacher Frauen taucht der Drache nicht mehr auf.

Erstlich denn feurichen trachenn so in deß hern schultheißenn mühll geflogenn betreffent … (StAW, Hist. Saal 374)

In dem Schreiben der Stadt Volkach geht es nach der Drachenpassage um zwei andere Klagen. Dann kommt man auf die „Müllerin“ zurück (man kann nicht ganz sicher sein, dass es sich hier um die als Hexe angeklagte Anna Müller handelt, aber es ist doch ziemlich wahrscheinlich). Bei dieser hat die Stadt im Auftrag des Fürstbischofs eine Kellerbegehung durchgeführt. Sie listet auf, was man alles in den Behältnissen der Müllerin gefunden hatte, von Butter über Rinderschmalz bis Brot. Vermutlich geschah dies im Rahmen des Hexereiprozesses, und man suchte hier bei Frau Müller nach magischen Dingen wie der Hexenschmiere, mit deren Hilfe die Hexen ihren Schadenszauber ausführten.
Gefunden wurde, folgt man dem Bericht, nichts und Anna Müller kam dann ja auch frei. Volkach blieb übrigens ein Ort mit besonderer Magie: im Jahr 1618 wurde in Volkach ein Gespenst gesehen (StAW, Historischer Saal 376).

… nacht zuu hauß gegangenn, hetten sie einen feurichen trachenn in der lufft fliehenn sehenn, der wehre durch … (StAW, Hist. Saal 374)

Auf die Bedeutung der Drachen hat mich Johannes Dillinger aufmerksam gemacht. Der Volkacher Drache ist laut Dillinger ungewöhnlich weit im Westen angesiedelt. Wer sich für Drachen interessiert, findet weitere Informationen in Dillingers Publikationen (guter Ausgangspunkt: Johannes Dillinger, Hexen und Magie, 2. Aufl. Frankfurt/New York 2018).

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