Am östlichen Rand: Das Würzburger Grenzgebiet am Steigerwald mit Gerolzhofen und (Ober)Schwarzach auf einer Karte der südlichen Ämter des Bistums von 1791 (Vorlage: MDZ)
In der Würzburger Zent Oberschwarzach forderte die Prozesswelle von 1616/19 zahlreiche Opfer. Zur Zent gehörten Orte im Steigerwald. Besitz und Rechte Würzburgs überschnitten sich hier vielfach mit dem Kloster Ebrach (siehe Knapp, Zenten (1907), ab S. 934). Wir begeben uns damit in diesem Blog erstmals ins östliche Grenzgebiet des Hochstifts Würzburg, wo es 1616/19 so viele Verfahren wie nirgends sonst im Hochstift gab. Historiker fragen natürlich: Warum?
Fürstbischof Julius Echter starb am 13. September 1617. Zu seinem Nachfolger wählte das Domkapitel Johann Gottfried von Aschhausen, seit 1609 Fürstbischof von Bamberg und seit langem als Nachfolger Echters vorgesehen. Von den Feierlichkeiten in Würzburg aus Anlass seiner Amtseinführung war hier bereits die Rede. Sie werden in der Handschrift Staatsarchiv Würzburg, HV MS f 887 geschildert, in der es auch punktuelle Notizen zu Hexenprozessen gibt.
Die Stadt Würzburg prägt einen Golddukaten mit Wappen als Neujahrspräsent für den Fürstbischof:
Wie stellte sich Aschhausen zu den Hexenprozessen? Er kannte sie aus Bamberg. Die Liste von Britta Gehm zu den Bamberger Prozessen verzeichnet zwischen 1612 und dem Zeitpunkt seiner Würzburger Wahl im Oktober 1617 die hohe Zahl von etwa 100 Verfahren. 1610 wurde Friedrich Förner Aschhausens Weihbischof in Bamberg, der als die treibende Kraft der Bamberger Verfahren gilt. Förner publizierte 1625 unter dem Titel Panoplia armaturae Dei adversus omnem superstitionum Hexenpredigten (Digitalisat UB Erfurt der lateinischen Ausgabe von 1626/ deutsche Übersetzung 2015).
Die erste Notiz Aschhausens zu Hexenprozessen in der Würzburger Überlieferung weist aber in eine andere Richtung. Es handelt sich um ein Konzept, in dem Aschhausen am 7. November 1617 die Würzburger Beamten in Oberschwarzach anwies, für die Sicherheit der Frau von Endres Rüdiger aus Oberschwarzach zu sorgen. Die Frau war wegen Zauberei in Haft gewesen, hatte auch gestanden, dann aber alles widerrufen (revocirt) und war nun „auß schrecken der gefencknuß“ auf der Flucht. Frau Rüdiger soll, so heißt es in der Weisung, nicht „langer im elendt herumb ziehen“, sondern zu ihrem Mann zurückkehren. Die Amtleute sollen sicherstellen, dass sie dort in Sicherheit leben kann. Abschließend wünscht Aschhausen grundsätzliche Zurückhaltung bei Hexenprozessen („dan auch daß in solchen wichtigen werck hexerey behutsamer procedirt und gehandlet werde“).
Die Quelle im Ganzen:
Das Stück ist mit seinen Streichungen und Nachträgen nicht einfach zu lesen. Es handelt sich eben um ein Konzept, entstanden in der Würzburger Kanzlei. Daraus machte dann ein Schreiber das Schreiben, das nach Oberschwarzach ging. Dieser Teil der Korrespondenz hat sich nicht erhalten.
Auch inhaltlich ist das Stück besonders. Seine Aussage (Milde beim Umgang mit früheren Verdächtigen, vorsichtige Prozessführung) passt so gar nicht zur sonstigen Überlieferung zu Aschhausen. Ich habe deshalb überlegt, ob Aschhausen sich für Frau Rüdiger einsetzte, weil Dritte zu ihren Gunsten interveniert hatten, oder gar der Alleingang eines Hofrats vorliegen könnte. Für beides gibt es aber keine Hinweise. Das Stück selbst scheint mir unverdächtig, es entspricht den üblichen Kanzleiformen. Also wird man die Aussage nehmen müssen, wie sie ist.
Mehr zu den Oberschwarzacher Prozessen und zu Aschhausen im nächsten Blogpost.
Zuerst publiziert 6.1.2024.
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