Franz Agricola, Zaubereitraktat (Würzburg 1627), Detail des Titelblatts (Digitalisat der UB Erlangen)
Die (Stadt-) Würzburger Hexenprozesse wurden vom Stadt- und Brückengericht als zuständigem Kriminalgericht geführt. Seine Mitglieder waren Würzburger Bürger. Sie wurden vom Fürstbischof ernannt und fungierten als Schöffen. Unter ihnen war auch eine ganze Reihe von Stadträten,
die damit zu Akteuren in den Hexenprozessen wurden.1
Im Herbst 1627 erschien in Würzburg eine Ausgabe von Franz Agricolas Zauberei-Traktat (Digitalisat der UB Erlangen). Der Drucker, Stefan Fleischmann, widmete das Buch den Mitgliedern eben dieses Gerichts, die er auch namentlich anführt. In seiner Vorrede (datiert auf August 1627) schreibt Fleischmann, das Laster der Zauberei sei in der ganzen Menschheit eingerissen, auch bei den Christen.
Vieles geschehe heimlich und wer nicht selbst zum Bund der Hexen gehöre, könne es nicht wahrnehmen. Nun habe Pfarrer Franz Agricola aus dem Jülichschen ein nützliches Büchlein dazu verfasst („kurtz und compendiose“, schreibt Fleischmann). Mit diesem Buch könnten die Prediger den bereits Verführten helfen, die Unverführten von der Zauberei fernhalten und überhaupt das Laster ausrotten helfen. Deshalb, so Fleischmann, habe er das Werk nachgedruckt. (Es war zuerst 1597 in Köln erschienen. Franz Agricola gilt in der Literatur als Gegner von Hexenprozessen, mehr zu ihm hier. Ich beschränke mich hier auf Fleischmanns Vorwort.)
Im Herbst 1627 befinden wir uns mitten in der schlimmsten Welle der Würzburger Hexenprozesse, die mit Hinrichtungen und Verbrennungen im Mai begonnen hatte. (Auf dem Land gab es bereits im Herbst 1626 die ersten Opfer.) Mitten in diese Ereignisse hinein schickte Fleischmann seinen Nachdruck, in dessen Vorwort er sich direkt an die Mitglieder des Gerichts wandte und mit der üblichen Formulierung davon sprach, das Hexenlaster auszurotten. Bei den Mitgliedern des Gerichts fällt übrigens auf, dass unter ihnen nun auch fürstbischöfliche Hofräte waren. Diese waren damals in aller Regel Juristen. Auch der auf dem Land als „Hexenkommissar“ tätige Dr. iur. Christoph Faltermaier war nun dabei. Aber auch Würzburger Bürger und Stadträte saßen nach wie vor in diesem Gericht (die Angabe „des Rats“ bedeutet: ein Stadtrat) und führten, so sah es jedenfalls Fleischmann, Hexenprozesse.
Was druckte Fleischmann sonst noch? Nach den Angaben im vd17 war er vor allem für den Fürstbischof tätig, dessen jährlicher Almanach bei ihm erschien. Aber Fleischmann druckte auch Leichenreden, Wallfahrtsberichte und gelehrte lateinische Texte. Ob ihn die Ausrichtung von Agricolas Text überhaupt interessiert hat oder er nur den Erfolg auf dem Buchmarkt im Blick hatte, ist schwer zu sagen.
Drei Jahre zuvor war in Würzburg (1624 beim Drucker Johannes Volmar, der eine Vorrede beisteuerte) ein anderes Buch erschienen, in dem die Hexenthematik ebenfalls eine Rolle spielte. Darauf hat Frank Sobiech aufmerksam gemacht, den ich hier wiedergebe (Jesuit Prison Ministry, Rom 2019, 205-212).
Der „Trostbronn“ des Jesuiten Georg Vogler war ein monumentales Werk mit mehr als 1100 Seiten, eine Art Brevier, auch ein Gebetbuch für alle Lebenslagen (Digitalisat beim MDM). Vogler lebte in Würzburg und war als Jesuit in der Gefangenenseelsorge tätig. Sein Buch enthält ein Kapitel, wie ein Beichtvater mit Malefizpersonen (also auch Hexen) umgehen sollte, die zum Tode verurteilt waren.
Auf den Seiten 1050-1054 druckt er einen (lateinischen) Fragenkatalog für den Beichtvater bei Hexereiverdächtigen ab, der als Fragenkatalog auch vor Gericht geeignet gewesen wäre. Der Text wechselt hier, warum auch immer, zur lateinischen Sprache. Die Fragen beginnen folgendermaßen: Ob sie Gott abgesagt haben, wie oft, mit welchen Worten und Zeremonien?, 2. Ob sie dem christlichen Glauben abgeschworen haben?, 3. Ob sie die Taufe widerrufen haben? und 4. vom Dämon neu getauft wurden? …
Drucker Johannes Volmar widmete das Buch in seiner vorangestellten „epistula dedicatoria“ den beiden Würzburger Bürgermeistern und dem gesamten Stadtrat:
- Die Mitglieder des Stadtgerichts werden in dessen Protokollen jeweils am Beginn eines neuen Jahres genannt. Im Jahr 1616 waren dies: der Oberschultheiß, Hofschultheiß Dr. Alexander Schreckentuch. Assessores: Veit Falk, M. Christian Agricola, Wilhelm Nunsam, Johann Sauer, M. Georg Gutbrot, M. Jacob Acker, M. Johann Meder, Lt. Sebastian Rücklein, Lt. Bartholomäus Haller, folgen Schreiber und Procuratoren. (StAW, Roessner 1420) NB: Die im Bestand StAW, Rössner-Bücher Nrn. 1415-1423 überlieferten Protokolle des Stadt- und Brückengerichts enthalten leider keine Kriminaldelikte. ↩︎
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